Studie Inventurdifferenzen 2010

12. Juli 2010 Mehr

Die Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel sind nach wie vor auf hohem Niveau. Sie summieren sich auf jährlich 3,9 Milliarden Euro, wie wir in unserer aktuellen Studie festgestellt haben. EHI-Mitglieder erhalten die Studie im kostenlosen Download-Bereich; Nicht-Mitgliedern bieten wir die Studie im Verlag zum Kauf an.

Unehrliche Kunden verursachen Inventurdifferenzen von knapp 2,0 Milliarden Euro, den eigenen Mitarbeitern werden ca. 800 Millionen angelastet. Nach wie vor stiehlt – statistisch gesehen – jeder deutsche Haushalt jährlich Waren im Wert von über 50 Euro im Einzelhandel. Bildlich bedeutet dies, dass rund jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse passiert. Dem Staat entgehen dadurch jedes Jahr über 400 Millionen Euro Mehrwertsteuer.

Zu den am häufigsten geklauten Artikeln gehören im Lebensmittelhandel nach wie vor kleine, teure Waren wie Rasierklingen, Spirituosen, Kosmetik und Tabakwaren. Im Bekleidungshandel werden modische Waren wie Jeans, Accessoires, ausgesuchte Markenartikel sowie Dessous bevorzugt. Konsolenspiele, CDs, DVDs, Speicherkarten und Druckerpatronen gehören zu den Klaurennern im Elektronikhandel.

Schutz der Ware teuer erkauft

Um die sogenannten Inventurverluste zu reduzieren, investiert der Handel fast 0,4 Prozent seines Umsatzes, das sind rund 1,2 Milliarden Euro, um Ladendiebstähle bspw. durch Detektiveinsatz, Kamerainstallationen oder Warensicherungssysteme zu begrenzen. Die Gesamtaufwendungen für Inventurdifferenzen und deren Vermeidung betragen also jährlich rund 5,1 Milliarden Euro, die der Handel wie alle Kosten in seine Verkaufspreise einkalkulieren muss.

Gerechnet zu Verkaufspreisen geht dem Handel im Durchschnitt ein Prozent seines Umsatzes verloren. Die Verluste sind im Vergleich zum Vorjahr konstant, weiterhin belastet eine zu Einkaufspreisen bewertete Inventurdifferenz von 0,65 Prozent vom Nettoumsatz das Betriebsergebnis stark.

Polizeiliche Statistik trügt: 30 Millionen Ladendiebstähle unentdeckt

Die offiziellen Daten der  Polizeilichen Kriminalstatistiken suggerieren, dass die Ladendiebstähle – sprich der Kundendiebstahl – in den letzten Jahren stetig zurückgegangen sind. Die Einschätzungen des Handels zur aktuellen Kriminalitätslage stehen jedoch im Widerspruch zur amtlichen Statistik. Durch die hohe Dunkelziffer von weit über 95 Prozent besitzt die Statistik nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit. Berechnet man den durchschnittlichen Schaden der Kriminalstatistik (63 Euro) in Relation zu dem geschätzten Kundendiebstahl (2 Milliarden Euro), ergibt sich, dass jährlich rund 30 Millionen Ladendiebstähle unentdeckt bleiben – also 100.000 je Verkaufstag!

Nach unserer Einschätzung bewerten die meisten Handelsunternehmen die Zusammenarbeit mit der Polizei bei der Bekämpfung des Ladendiebstahls als gut. Allerdings bemängelt der Handel die anschließende Strafverfolgung als vollkommen unzureichend. Eine breitere öffentliche und politische Diskussion des Problemfeldes der Ladendiebstähle könnte zu einem stärkeren Unrechtsbewusstsein und einer größeren gesellschaftlichen Ächtung dieser Delikte beitragen.

Verursachergruppen

Nach Einschätzung der Handelsexperten entfallen im Durchschnitt aller Branchen 53 Prozent der Inventurdifferenzen auf Kundendiebstähle, während man den eigenen Mitarbeitern 21 Prozent anlastet. Der Rest entfällt auf Lieferanten, Servicekräfte und organisatorische Fehler. In absoluten Zahlen ergeben sich daraus etwa 2 Milliarden Schaden durch Kundendiebstähle und 800 Millionen durch eigene Mitarbeiter.

Zunehmende Kriminalität im Handel erwartet

In allen Bereichen der Einzelhandelskriminalität erwartet der Handel eine Zunahme. Ladendiebstähle in ihren unterschiedlichen Formen und Ursachen wie Gelegenheitsdiebstähle, Beschaffungskriminalität, Diebstahl auf Bestellung, Bandendiebstähle usw. sind aber mit Abstand das größte Problem für den Einzelhandel. Im Fokus steht der professionell „organisierte“ Ladendiebstahl im Sinne von Bandendiebstählen und Diebstählen auf Bestellung von professionell agierenden Tätergruppen, die bei jedem Zugriff wertmäßig hohe Schäden verursachen. Aber auch der gewöhnliche Gelegenheitsdiebstahl durch Kunden und die zunehmende Gewaltbereitschaft potenzieller Täter bereitet den Einzelhändlern offensichtlich Sorgen.

An der aktuellen Untersuchung des EHI beteiligten sich 89 Unternehmen mit fast 13.000 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von knapp 50 Milliarden Euro repräsentieren. Die Untersuchung wurde unterstützt vom  Handelsverband Deutschland (HDE) und dem  Bundesverband des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels.

Kategorie: Aktuell

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